- Band 78 - Band 78 - Band 78 -

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Aus dem Inhalt:

Daten zur Person des Otto Schulze

Ausreise mit Salondampfer PRINZ-REGENT LUITPOLD nach Fernost

Reiseroute: Hamburg – Antwerpen – Southampton – Gibraltar – Genua – Neapel – Port Said – Aden – Colombo – Penang – Singapore – Hongkong – Shanghai – Tsingtau

Ankunft in Shanghai – November 1906

Berichte aus Tsingtau

Besuch in Tschemulpō (Korea) im Februar 1907

Reise auf dem Yangtsekiang ins Innere Chinas

Besuch in Nanking
Reise nach Peking

Leseprobe:

Tsingtau, 14. Juni 1907

...Mir geht es gut. In nächster Zeit werden wir einige Reisen machen, und es ist nicht ausgeschlossen, dass wir nach Japan gehen, in Begleitung des Admirals. Es ist jetzt eine günstige Jahreszeit, die wir ausnutzen wollen. Jedenfalls kommen wir aber in allernächster Zeit nach Tientsin, von hier mit der Bahn nach Peking, dann nach Port Arthur und Dalnÿ, diese beiden Häfen haben ja bekanntlich die Japaner den Russen im letzten Kriege abgeknöpft...

Leseprobe:

14.08.1907

Meine Schrift entschuldigst Du wohl, da das Boot vibriert und außerdem etwas unruhige See ist. Aber dennoch will ich versuchen, dagegen an zu schreiben. Erst kurz meine bisherige Reise. Gestern früh 8 Uhr fuhren wir von Tsingtau ab; voran das Admiralschiff S. M. S. „FÜRST BISMARCK, dann LEIPZIG, NIOBE, neben dem Admiralschiff S 90 und hinter uns TAKU. Ein famoser Anblick, alle Schiffe weiß gestrichen, mit gelben Schornsteinen und zwar alle zwei, bis auf LEIPZIG, die drei Schornsteine hat. Da auf allen Schiffen liebe Bekannte von mir an Bord sind, so winken wir immerzu herüber und hinüber, ab und zu werden auch Flaggensignale und Sprachrohre zu Hülfe genommen zur besseren Verständigung. Bei gutem, aber sehr heißem Wetter traten wir die Reise an. Gestern und heute wurden unterwegs einige kriegsmäßige Übungen zwischen den Schiffen und uns erledigt. Gestern Nacht machten wir zwei Torpedobootsangriffe auf die Schiffe. Zu Diesem Zwecke wurden sämtliche Lichter auf beiden Parteien gelöscht, „abgeblendet“, wie es seemännisch heißt, und nun schlichen wir uns an die Schiffe heran, um Torpedoschüsse (natürlich nur markiert) abzugeben, indem rote Sterne geschossen wurden (Sterne sind Leuchtkugeln). Ehe wir jedoch zum Angriff vorgingen, nahmen uns bereits die Scheinwerfer der Schiffe auf, so dass man keine Hand vor Augen sehen konnte, derartig blendeten sie. Diese Übung sollte nur zur Ausbildung des Personals der Kreuzer dienen und wurde daher mehr friedlich abgehalten. Unmittelbar in dieser Gegend strandete vor 11 Jahren das Kanonenboot ILTIS. Der ILTIS-Friedhof liegt ganz in der Nähe. Die Nacht war mondhell und sternenklar, nur recht heiß, wenn auch eine leichte Seebrise etwas Kühlung fächelte. Als Unterbrechung diente ein Komet, der gestern Nacht zu sehen war, sonst war die Fahrt friedlich. Zur Sicherheit gegen die noch herrschende Minengefahr fuhr das vordere Schiff FÜRST BISMARCK stets mit leuchtendem Scheinwerfer; denn wir näherten uns immer mehr dem Hauptschauplatz des russisch-japanischen Krieges, Port Arthur, das wir vor einer Stunde passiert haben. Den Leuchtturm kann ich noch sehen, ein Warnungszeichen für Seefahrer, aber auch gleichzeitig ein Wahrzeichen geschwundener russischer Macht. Hier wütete der Seekrieg vor drei Jahren, hier wurden Schiffe in die Luft gesprengt, und so manches junge Leben hörte auf zu schlagen. Aber interessant ist es für mich doch, den Kriegsschauplatz des letzten Krieges sehen zu können. Sieh Dir zu diesem Zwecke einmal die Karte wieder an. Unser nächstes Ziel ist Schingwantau [darüber in Klammern Schin Wang Tau – heute wohl Qinhuangdao], wo wir morgen früh ankommen wollen. Von dort wollen wir nach Peitaiho gehen, einem Badeort im Petschili-Golf. Darüber berichte ich Dir noch mehr. Da unsre Reise bis zum 28. August dauert, musste ich wieder größere Ausrüstungen vornehmen. Als eisernen Bestand habe ich 5 Enten und 5 Hühner an Bord, unter letzteren befindet ein Hahn, der uns morgens durch munteres Krähen anzeigt, dass es ihm gut geht…

15.08.1907

… Jetzt bin ich ungefähr am Ende des großen chinesischen Reiches angelangt. Nicht weit von hier liegt das Fort Schanheikwan (Shanhaiguan), wo die große chinesische Mauer, welche ganz China umgibt, an die Meeresküste stößt. Dahinter beginnt die Mandschurei, so dass man, wenn man auf der Mauer steht, das Gesicht der Seeseite zugewendet, links die Mandschurei, rechts China hat. Wir liegen seit heute früh 8 Uhr an einer Landungsbrücke fest, während die Kreuzer draußen auf Reede Schießübungen abhalten. Gestern Nacht machten wir Angriffe auf die Kreuzer, dicht bei Port Arthur, die Schiffe schossen mit allen möglichen Geschützen, Maschinengewehren (natürlich nicht scharf) auf uns. Das Ganze erinnerte mich lebhaft an eine Seeschlacht, und gerade hier in dieser Gegend musste jedem der Gedanke an die Torpedobootsangriffe der Japaner auf die Russen im Februar 1904 kommen. Eine Seeschlacht im Ernstfalle denke ich mir gerade nicht sehr angenehm. Hoffentlich bleibt unsrem Vaterlande noch recht lange der Friede erhalten…

Schingwantau ist an und für sich ein recht öder Hafen, wenig landschaftliche Reize, im Hintergrund hohe Berge. Die Hafenanlagen sind von der südafrikanischen Minenkompagnie gebaut worden und dienen dazu, chinesische Kulis nach Südafrika zu verschiffen. Diese niedrigste chinesische Klasse von „Menschen“ wird hierher wie das Vieh aus ganz China zusammengetrieben, in Ställen eingepfercht und dann mit Dampfern nach Südafrika als Arbeiter für die Bergwerke verschifft. Von hier ist Bahnverbindung über Tientsin nach Peking. Außerdem befinden sich hier Baracken, in denen während der Chinawirren 1900/02 bis jetzt militärische Detachements aller Nationen untergebracht waren. Jetzt sind nur noch Franzosen und Japaner hier. Diese benutzen den Ort jetzt nur noch als Erholungsort für kranke Soldaten. Unser deutsches Detachement ist seit einem Jahre zurückgezogen. Es stehen nur noch die Baracken mit deutschen Inschriften hier; die hier im fremden Lande jeden komisch anmuten. Einige Europäer leben hier, Angestellte bei der Eisenbahn oder der Dampfergesellschaft, sonst nur
Chinesen. Na an dieses langgezopfte Volk bin ich ja nun schon einigermaßen gewöhnt. In diesem verlassenen Nest werden wir voraussichtlich vier Tage liegen bleiben. Ich kann mir etwas Schönres denken. Aber maskí [unverständlich].

17.08.1907

Diesen Brief will ich über Peking - Sibirien dirigieren. Mir geht es gut, bis auf die schreckliche Temperatur, die kaum zu ertragen ist – 34 ° C in der Messe, feuchte Treibhausluft, kein Windhauch. Soviel, wie ich in diesem Monat auf das chinesische Klima geschimpft habe, habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht geschimpft. Fast löst man sich in Wohlgefallen auf und die Stelle, wo einst ein Mensch in seiner ganzen Größe gestanden hat, wird nur durch einen kleinen See angedeutet. Dabei auf einem engen Torpedoboot zur See fahren. Na, schön ist anders. Gott sei Dank ist bald ein Jahr herum. Das 2. Jahr fangen wir mit langen Reparaturen an, dann winkt mir wieder die Heimat... Im September wird das Klima schon wieder erträglicher…

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